Offener Brief an den vernünftigen Bürger
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Liebe Mitbürger,
ihr habt euch in der Corona-Krise verantwortungsbewusst verhalten. Ihr habt Masken getragen, Abstand gehalten und all die Hygieneregeln eingehalten, zu denen euch Experten und andere vernünftige Bürger geraten haben. Als Mitglieder der Grünen habt ihr an euch und andere gedacht. Als Journalisten und Kaberettist*innen habt ihr Position bezogen gegen Verschwörende, Verweigernde und all die Unvernünftigen. Ihr habt für das Impfen geworben und seit mit den Impfgegnern hart in Gericht gegangen. Ihr habt Leben gerettet - abertausende. Ihr seit Helden.
Soweit euer eigenes Selbstbild. Aber mein Bild von euch sah anders aus: Ihr habt euch sehr früh einige Experten auserkohren, deren Raunen und Mahnen ihr zur Wahrheit erklärt habt, um dann jede Kritik, jeden Einwand als Faktenverweigerung zu denunzieren. Ihr habt in wohligem Einvernehmen Teile der Bevölkerung als Tyrannen, Parasiten oder Egoisten verunglimpft oder sie mit einem Blinddarm verglichen, dessen Entfernung aus dem Volkskörper nicht weiter tragisch sei. Ihr habt die Impfung als Lösung aller Lösungen wie eine Monstranz vor euch hergetragen und die Ängste der Menschen vor diesem körperlichen Eingriff als Dummeit verunglimpft.
Ihr habt wider jeden Beweises einzelne Menschen für den unmittelbaren Tod anderer verantwortlich gemacht. Pfleger in Altenheimen waren plötzlich unmittelbar für den Tod von Heiminsassen verantwortlich - ohne Nachweis oder Beleg. Menschen ohne Masken waren verantwortlich für Tod und Sichtum.
Ihr habt Wissenschaft instrumentalisiert und jeden Einwand, jede Kritik denunziert. Und ihr könnt - auch nach dem gescheiterten Versuch, eine Impfpflicht einzuführen - nicht ablassen von eurer Mission. Doch wer eure Meinungen und Positionen studiert findet dort viel Mahnen, raunen und Bauchgefühl - aber wenig Fakten. Niemand von euch hat in all der Zeit die Ermittlung valider Daten gefordert. Stattdessen begnügtet ihr euch mit den vermurksten Zahlen des RKI, die aus den mehr schlecht als recht eingehenden Daten der Gesundheitsämter erhoben werden und mit den Meinungen einiger auserwählter Experten.
Ward ihr wirklich in der Lage, diese Zahlen angemessen zu bewerten oder nutztet ihr sie willkürlich nach Bedarf, um euren Ängsten Orientierung zu geben? "Impfen hilft" war und ist das Kredo, dass ihr verkündet und Einwände gelten als Tabuverletzung. Ich befürchte, dass ihr mit dieser Haltung nicht nur das Impfen auf Jahre diskreditiert, sondern auch die Grundlagen guter Wissenschaft erodiert habt.
Nach 2 Jahren Pandemie kann es keine sicheren wissenschaftlichen Erkenntnisse geben - dafür ist der Zeitraum zu kurz und pandemischen Wirkungen und Nebenwirkungen sind zu vielfältig und komplex. Sie trotzdem permantent zu beschwören, hat nichts mit Wissenschaft aber viel mit Ideologie zu tun.
