Offener Brief an kluge Leute
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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wende mich an die klugen Menschen in Deutschland - oder auch in Österreich und in der Schweiz - halt die, die diese Zeilen ganz gut lesen und verstehen können. Ich wende mich an jene die sich bereits in der Öffentlichkeit als klug erwiesen haben und an solche, die möglicherweise still und leise ihre Klugheit zum eigenen und zu Anderer Nutzen einsetzen.
Ich wende mich an Sie, weil ich ihren Rat brauche. Ich bin ratlos.
Anlass sind die nicht enden wollenden Talk-Runden, Interviews und Stellungnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Kluge Köpfe aus Wissenschaft, Publizistik und Politik versuchen uns seit Anfang 2020 die Welt der Viren und der Menschen zu erklären. Wir erhalten täglich Zahlen zu Infizierten, Toten, Gesundeten und Geimpften, Geboosterten und Ungeimpften. Uns wurde immer und immer wieder die Notwendigkeit von Abstand, Masken und Hygiene erklärt und seit Ende 2020 auch die Notwendigkeit des Impfens. Schutz des Lebens der Alten, Schutz des Lebens der Anderen, Schutz des eigenen Lebens oder Schutz unseres Gesundheitssystems - die Varianten der Begründungen war vielfältig und wechselhaft, je nach Tendenz der Infektionszahlenentwicklung. Und immer, wenn wir vermeintliche kurz vor der Erlösung standen - wenn die Inzidenzen tief und die Stimmung hoch waren - just dann kam eine neue Mutante, eine neue Dynamik und wir mussten wieder "uns und andere" schützen. So sagte man uns.
Während dessen starben weiter alte Menschen in Pflegeheimen - trotz Isolation, Impfen und Boostern. Und immer ging es um Leben und Tod.
Und dann waren da die Querdenker, Virenleugner und Impfverweigerer. Die Schublade war früh gezimmert und schnell mit merkwürdigen Leuten gefüllt: Esoterikern, Rechtsextremisten, Antisemiten und andere Menschen mit eigenartigen Gedanken. Ein bunter, ein wenig bräunlich schimmernder Haufen mit Theorien und Vorstellungen, über die der gebildete Durchschnittsdeutsche schnell sein vernichtendes Urteil fällte. "Verschwörungstheorie" raunte es durch die Medien. Soweit - so gut.
Doch inzwischen wird das Raunen lauter. Menschen landen in der Schublade, von denen man das nie vermutet hätte. Richard David Precht, Gerd Antes, Ulrike Guérot, Thomas Mertens und Hendrik Streeck werden der Verharmlosung und dem Sähen von unbegründeten Zweifeln angeklagt. Menschen, die sich aus Sorge, mangelndem Vertrauen oder einfach nur aus Bequemlichkeit nicht impfen lassen, werden als Tyrannen, Geiselnehmer, gewissenlose Krankmacher und rücksichtlose Egoisten gebrandmarkt. Wer sich nicht impfen lässt, ist schuld an Toten, überfüllten Intensivstationen und überlasteten Pflegern - und wird in die bekannte Schublade gesteckt.
Diese Selbstverständlichkeit, mit der unreflektiert jeder abgebügelt wird, der Zweifel an der Wirksamkeit harter Einschränkungen, Bußgelder für Maskenverweigerer und Impfpflicht für alle äußert, ist erschreckend. In ungezählten Beiträgen werden in den Medien statistische Folgen der Pandemie mit anekdotischen Einzelfalldarstellungen verquickt - und schaffen ein völlig falsches Bild von Ursache und Wirkung. Der sächsische Impfverweigerer ist schuld am Tod der Hamburger Oma im Pflegeheim! Ohne Beweis, nur auf der Basis von Wahrscheinlichkeitsannahmen.
Ja: es ist richtig, dass ein Mensch wahrscheinlicher an Corona erkrankt, wenn er ungeimpft ist. Ja: es ist richtig, dass ein Ungeimpfter mit höherer Wahrscheinlichkeit Träger einer infektiösen Virenlast ist.
Aber nein: die Zahlen, die in den Medien über diese Wahrscheinlichkeiten verbreitet werden, sind alles andere als korrekt. Sie entstammen Mutmaßungen und Schätzungen auf der Basis schlechter Datenlagen!
Die Politik muss und soll Statistiken und Wahrscheinlichkeiten nutzen, um für die Gemeinschaft Risiken zu senken und den Nutzen zu erhöhen. Voraussetzung dafür sind aber korrekte und aussagefähige Daten. Wenn diese nicht vorliegen, ist es unmöglich, belastbare Aussagen zu Wahrscheinlichkeiten - und damit zu Kosten/Nutzenrelationen - zu machen. Der Verweis auf Einzelfälle und persönliche Erfahrungen ersetzen diese Daten niemals.
In Zeiten der Ungewissheit helfen nur gemessene, beobachtete und sorgfältig bewertete Fakten, keine Expertenmeinungen. Viele Untersuchungen belegen, dass die Prognosen von Experten auf Grundlage von Erfahrungen extrem ungenau sind - meist nahe des Zufalls. Sie arbeiten mit Analogien, Plausibilitäten und persönlichen Erfahrungswerten aber nicht mit Wissen. Das muss über Experimente, wohlgestaltete Beobachtungsreihen und systematischer Auswertung geschaffen werden und braucht Zeit, Diskurs und immer wieder Zweifel an der eigenen Arbeit.
In Deutschland wurde seit Beginn der Coronakrise jede Form der systematischen Datenerhebung sträflich vernachlässigt. Die Datenerhebung durch RKI und Gesundheitsämter war und ist dilettantisch. Aber es sind diese Daten, mit denen Frau Priesemann ihre wunderbaren Modelle füttert und die Politik zum nächsten Lockdown drängt.
Wir haben nach wie vor keine Kenntnis über Infektionsgeschehen, besondere Gefährdungsbereiche oder Ursachen für Hot-Spots - nur Mutmaßungen vermeintlicher Experten, Modellrechnungen ohne valide Grundlagen oder das Raunen der Medien.
Die Wirkung des Impfstoffs scheint nicht all zu lange anzuhalten. Trotzdem wird eisern an der Impfung als einzig wahrer Lösung festgehalten. Nirgends ein Plan-B, überall Häme gegenüber Zweiflern. Aus allen Ecken die Rhetorik der Mahner und Auguren mit dem Verweis auf vermeintlich unumstößliche Erkenntnisse der Wissenschaft. Sogar die Satiriker und Kabarettisten können es nicht lassen, ihr Mütchen an Impfskeptikern zu kühlen, anstatt die Finger in die echten Wunden unserer Gesellschaft zu legen.
Böhmermann, Welke und Co. sind jetzt Spezialisten für die Auswahl von guter und schlechter Wissenschaft. Zitat Böhmermann: "Ich finde es schwierig, wenn man Leuten (gemeint sind Streek und Kekule, der Autor) eine Bühne gibt, die eine Meinung vertreten, die man nur deswegen veröffentlicht, weil man sagt, man muss auch die andere Seite sehen – und es gibt Meinungen, die sind so durchtränkt von Menschenfeindlichkeit (...), dass ich mich manchmal frage, warum einige Leute bei dir sitzen." (Böhmermann+kritisiert+Lanz GoogleTM).
Ähnlich wie Frau Mai Thi Nguyen-Kim fordert er, nur noch "qualitätsgeprüften" Wissenschaftlern einen öffentlichen Auftritt in den Medien zu gestatten. Warum dürfen die das? Wir haben gerade mal 2 Jahre Erfahrung mit diesen Corona-Viren. In Deutschland begnügte man sich in dieser Zeit mit den Podcasts des Herrn Drosten oder den Erklär-Videos von Mailab - anstatt systematisch Daten zu sammeln und auszuwerten. Besserwissen statt forschen! Es mag ja sein, dass es eine Mehrheitsmeinung unter Wissenschaftlern gibt - aber die ist mit gerade mal 2 Jahren Erfahrung alles andere als wissenschaftlich begründbar.
Ich dachte bisher, wir leben in einer demokratischen Gesellschaft mit klarer Gewaltenteilung und muss jetzt feststellen, dass eine kleine Pandemie genügt, um diese Strukturen auszuhebeln. Auf einmal dürfen Experten ohne gesellschaftliche Legitimation Vorgaben für das Leben der Menschen machen. Die Politik beugt sich devot vor der Expertenmeinung - unfähig diese überhaupt bewerten zu können. Journalisten tun es ihnen nach. Keiner der nachhakt, wie belastbar die Grundlagen für diese Entscheidungen sind. Herr Lauterbach prüft - nach eigenen Angaben - im Stundentakt Studien zu Corona und twittert seine Ergebnisse geradewegs heraus. So geht Wissenschaft im 21. Jahrhundert. Wozu brauchen wir Prüfprozesse, Fachgremien, Kongresse und immer wieder Zweifel? Ohne geht es doch schneller! Wer da valide Grundlagen fordert, ist ein Störenfried.
Das - liebe kluge Leute - macht mir Angst! Wenn nicht mehr gedacht und gezweifelt wird, wenn es genügt, Drosten, Priesemann oder Lauterbach zu heißen um recht zu haben, dann leben wir nicht mehr in wissensbasierten, sondern in eminenzbasierten Zeiten.
Angst macht mir die Selbstgerechtigkeit und Arroganz der "vernünftigen" Mehrheit gegenüber den "Unvernünftigen", die sich in den letzten Monaten ungebremst im öffentlichen Raum zeigte. Angst macht mir eine öffentliche Meinung, die immer und immer wieder harte Maßnahmen fordert - ohne nach deren Nutzen zu fragen. Was werden diese Leute tun, wenn mehr als ihr nächster Urlaub auf dem Spiel steht.
Mir scheint, hier ist (mal die extremen Rechten und Esotheriker ausgenommen) ein Kampf zwischen zwei grundsätzlichen Mind-Sets entbrannt:
- Menschen, die einen paternalistischen Staat bevorzugen, der erzieht, maßregelt und sich in allen Bereichen um das Wohl seiner Bürger kümmert und jedes Risiko von ihnen fernhält. Hierzu darf er sich auch in das Leben seiner Bürger einmischen.
- Menschen, die an Eigenverantwortung des Einzelnen glauben und hierfür Risiken in Kauf nehmen. Der Staat soll die Menschen bei der Minimierung ihrer Risiken unterstützen, ohne sie zu bevormunden.
Letztere sind aktuell in der Öffentlichkeit in der Minderheit und liegen daher, nach Meinung der ersten Gruppe, falsch! Eigentlich eine Situation, in der Berufsskeptiker wie Wissenschaftler, Satiriker und Kaberettisten auf den Plan treten müssten, um Fragen zu stellen und Antworten einzufordern. Es darf nicht sein, dass Menschen (auch unvernünftige) öffentlich als Asoziale, Geiselnehmer und Tyrannen denunziert werden. Wo sind die Klugen, die sich hier zu Wort melden und das tun, was zu ihrer Kernkompetenz gehört: in Frage stellen, irritieren, zum Denken anregen!
Omikron - es wird nicht einfacher
Nun ist sie da: die nächste Variante! Und macht all den Impf-Propheten, Modellierern und Podcast-Experten einen Strich durch die Pandemie-Rechnung.
Ein Gesellschaft dreht durch
Viren-Panik gegen Impf-Panik: wessen Panik ist wissenschaftlich begründet?
Zitate aus der Corona-Welt:
„Allgemeinheit muss zahlen für Trägheit und Dummheit der Impfgegner“ Für Forscher Falk sind Impfverweigerer Trittbrettfahrer der übelsten Sorte. Sollten Triage-Entscheidungen nötig werden, müsse der Impfstatus einbezogen werden. (lt Tagesspiegel 31.7.2021)
Spahn: „Wir impfen Deutschland zurück in die Freiheit!“ (Focus 1.9.2021)
Weihbischof Hegge (16.11.2021): Ignoranz der Impfverweigerer ist "skandalös" Noch immer sind viele Menschen nicht gegen Corona geimpft. Der Münsteraner Weihbischof Christoph Hegge kritisiert diejenigen, die sich weiterhin weigern, scharf: Sie zwängen der "überwältigenden Mehrheit" weitere Restriktionen auf.
Warum mich Ungeimpfte wütend machen Sollen wir Nachsicht mit jenen haben, die durch ihr Verhalten anderen schaden? Nein. Es gibt keine guten Gründe, sich nicht impfen zu lassen (Eric Frey, der Standard, 13.11.2021)
»Solange ich gut geimpft bin, ist Corona für mich im Grunde genommen vorbei«, der Satz stimmt in medizinischer Hinsicht zwar weiterhin, doch in politischer, ökonomischer, moralischer Hinsicht stimmt er eben nicht mehr. (Nikolaus Blume, Spiegel, 18.11.2021)
Lola Weippert: „Liebe Corona-Leugner und Impfgegner, bitte entfolgt mir!“ „Ihr macht mich wahnsinnig, ihr macht mich wütend und ihr macht mich traurig“, sagt RTL-Moderatorin Lola Weippert in Richtung eines Teils ihrer Instagram- Follower. Sie meint Corona-Leugner und Impfgegner, die sollten ihr entfolgen, so die 25-Jährige. (RND, 27.11.2021)
Oliver Welke in „heute-show“ über Impfverweigerer: „Leider irgendwie asozial“ Angesichts des drastischen Corona-Comebacks gab es in der „heute-show“ (ZDF) Erkenntnisse voll auf die Zwölf. Die Thesen von Oliver Welke und seinem Team: Wir Deutschen sind schlicht zu doof und zu asozial, um die Krise zu bewältigen. Es sei doch klar gewesen, „wie sich die gewaltige Impflücke auswirken würde“, so Welke. (RND 6.11.2021)
Drosten über Omikron – „Sieht nicht gut aus für zweimal Geimpfte“ Welt, 8.12.2021
„Ich stoße mich daran, dass kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2 G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten“, sagte Montgomery der Zeitung „Die Welt“ (26.12.2021)
„Unter dem Strich glaube ich, dass sich die Beachtung des Impfstatus in einer überfüllten Intensivstation durchaus argumentieren ließe“, sagte die Bonner Professorin der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). Professorin Annette Dufner, lt. Tagesspiegel, 13.11.2021
So verbreitet Kabarettistin Lisa Fitz Fake News (Tagesspiegel, 20.12.2021)
In Deutschland sind zu viele Menschen ungeimpft, die vierte Welle trifft das Land mit voller Wucht. Warum sind wir wieder unvorbereitet? Knickt die Politik ein vor den Impfverweigerern? Wer hat Schuld, wenn wieder viele Tausend sterben und für alle Corona kein Ende nimmt? (ARD Faktencheck zur Hart aber fair-Sendung am 16.11.2021)
Es ist eine große philosophische Tradition: Gewissheiten in Frage zu stellen. Im Moment tun dies Svenja Flaßpöhler und Richard David Precht, weil sie wissenschaftliche Erkenntnisse übers Impfen in Frage stellen. Die Philosophen ernten dafür heftige Kritik. (BR Kulturbühne, 17.11.2021)
Die meisten Menschen werden im Herbst keine Auffrischungsimpfung brauchen. Davon geht der Virologe der Charité Christian Drosten aus. Ausgenommen seien ältere Menschen und bestimmte Risikopatienten. Tagesschau, 19.08.2021
Drosten bringt 1G-Regel ins Spiel – Ausnahmen nur noch für Geboosterte (Tagesspiegel 26.12.2021)
Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes. (Sahra Bosetti auf Twitter, 3.12.2022)
Winfried Kretschmann (Grüne) hält Demonstranten, die Corona-Proteste zur Diffamierung staatlicher Institutionen nutzen, für „Aasgeier der Pandemie“. (FAZ, 14.12.2021)
Christian Drosten bei "maybrit illner" 27.06.2024 "Man drängt sich ja nicht auf als Wissenschaftler. Man schreibt etwas. Dann ist es der Politik überlassen, es aufzunehmen. Was die Medien machen, ist manchmal erratisch", sagt Drosten. Eine Pandemie sei eine absolute Ausnahmesituation. Da passe der Schuldbegriff nicht. Er habe von Beginn an gesagt, "dass es zu Situationen kommen wird, wo man sagen sollte: Niemand hat Schuld."