Ist Technik böse?
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Was für eine Frage? Technik ist ohne Seele, ohne die Freiheit der Entscheidung - also so gut oder schlecht wie jeder x-beliebige Gegenstand. Wenn wir von etwas Bösem sprechen, so unterstellen wir einen bösen Willen - und der fehlt jedem technischen Objekt.
Nun ist es aber so, dass Technik nie für sich selbst existiert. Sie wird entwickelt und realisiert um ganz bestimmten Zielen zu dienen. Menschen nutzen technische Einrichtungen um etwas zu erreichen. Jedem technischen Gegenstand sind die Möglichkeiten seiner Nutzung eingeschrieben. Manche dieser Eigenschaften sind offen für unterschiedliche Anwendungen: ein Hammer kann etwas zertrümmern - ob einen Stein oder einen Kopf hängt alleine vom Willen dessen ab, der ihn schwingt. Andere Gegenstände bieten weniger Optionen: eine Tellermine hat die klar definierte Aufgabe, einen lebenden Organismus so schwer wie möglich zu beschädigen. Ansonsten ist sie sinnlos. Ihre Aufgabe erfüllt sie übrigens unabhängig vom aktuellen Geisteszustand ihres Benutzers. Durch das Installieren der Mine hat er seinen Willen in diesem Augenblick auf die Mine übertragen.
Diesen engen Zusammenhang zwischen technischem Objekt und den Zielen des Benutzers zu ignorieren führt zu zwei extremen Grundhaltungen:
- Technik wird als Heilsbringer verherrlicht
- Technik wird verteufelt
Beide Haltungen treffen nicht die Wirklichkeit und führen zu falschen Schlüssen im Umgang mit Technik. Während die erste These die uneingeschränkte Anwendung der Technik propagiert und voraussetzt, dass sich der positive Nutzen von selbst einstellt, geht die zweite Annahme davon aus, dass man nur die Technik verhindern müsse um das Unglück zu vermeiden. Beide Haltungen blenden die Tatsache aus, dass es Menschen mit individuellen Zielen sind, die die Technik anwenden - und damit über Glück und Unglück bestimmen.
Für die Frage "ist Technik böse" muss deshalb die Technik und der Mensch betrachtet werden. Die Antwort darauf ergibt sich nicht direkt aus den Eigenschaften des technischen Objektes sondern aus dem Vertrauen in den Menschen, der diese Eigenschaften nutzt. Das Gewehr in den Händen eines netten Oberförsters gibt wenig Anlass zu Besorgnis - das gleiche Gewehr in den Händen eines brutalen Psychopaten lässt dagegen Böses ahnen.
Nun sind aber manche technischen Objekte in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt. Eine Armbanduhr kann man nur sehr schwer für etwas wirklich Böses benutzen, während es schwierig ist, die bereits erwähnte Tellermine für einen guten Zweck einzusetzen. In der Regel erfolgt dies nur, wenn geeignetere technische Hilfsmittel nicht zur Verfügung stehen. Es gibt also technische Gegenstände, die von Anfang an für einen bösen oder nicht bösen Einsatzzweck konzipiert werden. Besonders die Gegenstände mit den bösen Eigenschaften lassen dabei nur zwei Möglichkeiten zu: die böse Anwendung oder gar keine Anwendung! Das unterscheidet z.B. die Tellermine von einem Feuerwerkskörper.
In jeder Auseinandersetzung mit neuen technischen Entwicklungen muss man sich entscheiden: macht man die Technik oder die Personen dahinter zum Thema.
Schaut man sich Auseinandersetzungen mit technischen Entwicklungen in der Vergangenheit an, so scheint in den meisten Fällen die Technik selbst Ziel von tiefer Feindschaft oder hoher Verehrung zu sein: mechanische Webstühle, Eisenbahn, Automobil, Atomkraft, Gentechnik, Computer und Internet. Die technischen Einrichtungen selbst wurden und werden angegriffen, gar zerstört oder verklärt zur heilsbringenden Lösung aller Probleme. Technik scheint in der Realität als Symbol jeden hinter ihr stehenden Menschen zu verdrängen.
Man mag dies für irrational halten - doch scheint es eine tief verankerte menschliche Eigenschaft zu sein, Gegenstände zu beseelen - zumal solche, die sich selbstständig bewegen, mit uns kommunizieren oder uns bedrohen. Es bedarf immer wieder großer Anstrengungen, die hinter der Technik aggierenden Protagonisten, die Interessengruppen und Profiteure in den Fordergrund zu schieben - denn erst dann werden Motive und Gründe für neue technische Entwicklungen erkennbar und der wirkliche Sinn dahinter tritt zu Tage.