Komplexität
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Der Begriff "Komplexität" begegnet uns oft ohne das klar ist, was hinter diesem Begriff steht. Gerne wird er verwendet, um Menschen von Entscheidungsprozessen fernzuhalten: "Das ist zu komplex und erfordert besonderes Expertentum". Technik wird gerne mit dem Attribut "komplex" versehen, um sie auszuzeichnen. Tatsächlich sind aber "komplexe" Systeme - anders als komplizierte - auch mit viel Expertenwissen nicht exakt beschreibbar.
Kompliziertheit
Kompliziertes unterscheidet sich von Einfachem eigentlich nur durch die Anzahl der beteiligten Komponenten und Wechselwirkungen. Die Wechselwirkungen und "Gesetzmäßigkeiten" sind immer streng kausal und als Ursache-Wirkungsketten darstellbar: Wenn ich dies tue, passiert das. Kompliziert wird es, wenn es viele solcher Ursache-Wirkungsketten gibt. Ein Uhrwerk mag aus tausenden Teilen bestehen, verschiedenen Untersystemen und Schaltungsmöglichkeiten - trotzdem bleibt es durch seine mechanischen Wechselwirkungen definiert. Auch Computerprogramme sind schlimmstenfalls kompliziert - sie bestehen aber immer aus eindeutig beschriebenen Einzelschritten, die nach festgelegter Logik auf einander folgen. Dies erlaubt es, Technik vorauszuplanen. Da alle Wirkungsketten vor der Realisierung definiert werden, kann das Verhalten eines technischen Systems - egal ob einfach oder kompliziert - vorhergesagt werden. Entscheidend ist dabei, dass die Ursache-Wirkungsketten unhabhängig vom momentanen Zustand des Systems sind: ein Uhrwerk läuft immer nach dem gleichen Muster ab - egal zu welcher Uhrzeit.
Komplexität
Das sich viele technische Systeme trotzdem nicht so verhalten, wie es seine Erbauer geplant haben, liegt an der verborgenen Komplexität der Wirklichkeit. Komplexität entsteht, wenn in einem System Ursache-Wirkungsketten vorhanden sind, die vom Zustand des Systems selbst beeinflusst werden: Rückkopplungen.
Diese verborgenen inneren Wechselwirkungen lassen sich nicht durch kausales Schließen aus den Einzelteilen und äußeren Wirkungsketten eines Systems bestimmen sondern erfordern die Beobachtung des Systems und seines Verhaltens. Möglicherweise lassen sich dann einzelne Rückkopplungen ebenfalls als Wirkungsketten darstellen und aus einem komplexen System wird ein kompliziertes. Häufig - besonders bei natürlichen Prozessen - ist die Zahl der Rückkopplungen in einem System aber so groß, dass sie sich jeder detaillierten kausalen Beschreibung entziehen. Komplexe Systeme können beobachtet und nachträglich analysiert werden - sie sind aber nie über längere Zeiträume vorhersagbar (z.B. Wetter, Börsenentwicklung, Leben).
Dann bleibt nur, die Dinge zu vereinfachen, anzunähern oder abzuschätzen. Dabei ist die Zuverlässigkeit von streng wissenschaftlichen Modellen oft nicht viel besser als das simple "Bauchgefühl", das sich auf Erfahrungen und angeborene instinktive Interpretationen stützt. Übrigens müssen komplexe Systeme nicht kompliziert sein. Dies zeigen Simulationsspiele wie Game of life oder die Laufmaschinen des Theo Jansen. Schon einfache Regeln erlauben komplexe Entwicklungen, die zwar irgendwie determiniert sind, sich aber aufgrund der Vielzahl von Einflüssen und Wechselwirkungen zwischen den Sytembestandteilen nicht mehr vorhersagen lassen.
Vom Komplizierten zum Komplexen
Die Erfahrung scheint übrigens zu zeigen, dass sich komplizierte technische Systeme geradezu zwangsläufig in komplexe Systeme verwandeln. Die Vielzahl von Wechselwirkungen zieht immer auch kleine versteckte Rückkopplungen nach sich, die von niemandem eingeplant wurden. Zum Beispiel beginnt eine Motorwelle zu schwingen, weil das Schmieröl bei einer bestimmten Drehzahl und Temperatur seine Schmiereigenschaften verändert, dadurch die Drehzahl beeinflusst und damit wiederum seine Schmiereigenschaften u.s.w.
Dies ist die Grundlage für Murphy's Gesetz.
siehe auch von Menschen und Ameisen
ein paar Simulationsspiele und Fragen zur "virtuellen Gesellschaft":http://www.kanitrino.de/inhaltDE.html