Ökonomie der Gerechtigkeit

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Wer für einen geringen Gewinn zulässt, dass ein Anderer einen deutlich höheren Besitz anhäuft, riskiert am Ende den geringeren Gewinn aufgrund des Machtungleichgewichts wieder zu verlieren.
Wer für einen geringen Gewinn zulässt, dass ein Anderer einen deutlich höheren Besitz anhäuft, riskiert am Ende den geringeren Gewinn aufgrund des Machtungleichgewichts wieder zu verlieren.
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Oder er verringert seine Chancen, den eigenen Status zu bewahren oder zu verbessern. Wer durch seine eigene Entscheidung andere ohne Gegenleistung reicher macht als sich selbst, geht ein hohes Risiko ein. Es ist deshalb sinnvoll, zugunsten eines Machtgleichgewichts auf den Gewinn zu verzichten. Der Verzicht ist der Preis, den wir für den Erhalt des Machtgleichgewichts bereit sind zu Zahlen.
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Oder er verringert seine Chancen, den eigenen Status zu bewahren oder zu verbessern. Wer durch seine eigene Entscheidung andere ohne Gegenleistung reicher macht als sich selbst, geht ein hohes Risiko ein. Es ist deshalb sinnvoll, zugunsten eines Machtgleichgewichts auf den Gewinn zu verzichten. Der Verzicht ist der Preis, den wir für den Erhalt des Machtgleichgewichts bereit sind zu zahlen.
[https://www.econstor.eu/bitstream/10419/228913/1/1745823417.pdf Bericht des Institut der Deutschen Wirtschaft 2021]
[https://www.econstor.eu/bitstream/10419/228913/1/1745823417.pdf Bericht des Institut der Deutschen Wirtschaft 2021]

Aktuelle Version vom 14:22, 9. Jun. 2024

Mit dem "Ultimatumspiel" wurde durch die Verhaltensökonomik unser vermeintlich irrationales, von Neid getriebenes Verhalten belegt.

Bei dem Ultimatumspiel hat ein Spieler die Möglichkeit, dem Mitspieler einen frei wählbaren Anteil eines Geldbetrages anzubieten. Nimmt dieser an, erhält der 1. Spieler den Restbetrag, der 2. den angebotenen Anteil.

Lehnt der 2. Spieler ab, erhalten beide nichts.

Zitat aus IW-Analysen 141 Die sieben Todsünden, 2021:

Cooper/Dutcher (2011) führten mit 7.188 Beobachtungen eine Metastudie zu Ultimatumspielen durch. ... Deutlich wird, dass die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit der Akzeptanz eines Angebots von Spieler 1 durch Spieler 2 erst die 50 Prozent überschreitet, wenn über 30 Prozent des Betrags angeboten werden. Bei Angeboten um 10 Prozent des Gesamtbetrags bevorzugen rund 90 Prozent der Teilnehmer eine Nullrunde für beide Versuchsteilnehmer. Bei Angeboten über 40 Prozent des Betrags hingegen nehmen über 80 Prozent der Teilnehmer das Angebot an. Je mehr Runden das Spiel gespielt wird, desto eher nehmen Teilnehmer Angebote über 20 Prozent an und desto eher lehnen sie Angebote unter 20 Prozent ab (Cooper/Dutcher, 2011, 12). Wird davon ausgegangen, dass die Teilnehmer völlig rational und ohne emotionale Einflüsse agieren, müsste Spieler 2 jeden Beitrag über 0 Euro akzeptieren, da sein individueller Nutzen bei jedem positiven Betrag, den er von Spieler 1 erhält, steigt. Die Ablehnung eines Angebots wäre demnach immer eine irrationale Entscheidung. Viele Experimente zeigen hingegen, dass die Teilnehmer Angebote unter 30 Prozent der Gesamtsumme meist ablehnen (Cooper/Dutcher, 2011, 12).


Ich interpretiere die Resultate dieser Studien anders: Menschen sind instinktiv bereit, für Gerechtigkeit einen Preis zu bezahlen! Das hat nichts mit Neid, sondern mit Vernunft zu tun.

Denn diese Entscheidung ist aus der Perspektive eines von sozialen Strukturen abhängigen Wesens wie dem Menschen, hoch rational. Dies gilt besonders, wenn Besitz mit Macht und Einfluss verbunden ist, wie in realen menschlichen Gesellschaften.

Wer für einen geringen Gewinn zulässt, dass ein Anderer einen deutlich höheren Besitz anhäuft, riskiert am Ende den geringeren Gewinn aufgrund des Machtungleichgewichts wieder zu verlieren. Oder er verringert seine Chancen, den eigenen Status zu bewahren oder zu verbessern. Wer durch seine eigene Entscheidung andere ohne Gegenleistung reicher macht als sich selbst, geht ein hohes Risiko ein. Es ist deshalb sinnvoll, zugunsten eines Machtgleichgewichts auf den Gewinn zu verzichten. Der Verzicht ist der Preis, den wir für den Erhalt des Machtgleichgewichts bereit sind zu zahlen.

Bericht des Institut der Deutschen Wirtschaft 2021

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