Vom Mythos der Bildung

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In unserer behaupteten Wissensgesellschaft ist Bildung angeblich eine wichtige Ressource. Sie sei ganz ganz wichtig für das Überleben in unserer Gesellschaft, heißt es einstimmig.

Was aber Bildung bitteschön ist, das bleibt im Nebel der Phrasen verborgen. Denn was das Bildungssystem in Deutschland angeht, so diente und dient es zu aller erst einmal der Zementierung eines sozialen Systems.

Das deutsche Schul- und Bildungssystem ist einem jahrhunderte alten Ständesystem erwachsen: Gymnasien für die Oberschicht - Realschulen für die aufstrebenden Bürger und Volks- (oder Haupt-)schule für das niedere Volk - so war's; so ist's. Bis heute ist "akademische" Bildung in Deutschland mit der Aura des Standesdünkels behaftet: für die gehobenen Schichten ist sie Voraussetzung - für die bildungsfernen Grund zur Abgrenzung.

Deshalb ist es auch kein Wunder, dass Deutschland sich eines sehr niedrigen Anteils Studenten aus nichtakademischen Familien rühmen kann. Eltern mit Abitur und Studium sorgen für Kinder mit Abitur und Studium! Eltern ohne eigene "Bildungskarriere" wollen keine besserwisserischen Kinder!

Trotz (oder wegen) des immer wieder gerne beschworenen humboldschen' Bildungsethos herrscht in Deutschland ein "bildungsfeindliches" Klima. Für die Eliten ist Bildung der notwendige Stallgeruch, an dem man seinesgleichen erkennt. Entsprechend eng und kleinkariert ist der zu Grunde liegende "Bildungskanon": großes Latinum oder englischsprachiger Kindergarten, Göthe, Schiller, Mozart, deutsche Grammatik und Schachtelsatz sind wichtigste Attribute gehobener Bildung.

Dagegen glauben viele der "einfachen" Leute noch immer an die Ehrbarkeit des Handwerks und der körperlichen Arbeit und grenzen sich schroff von akademischen "Klugscheißern" ab - den studierenden Kindern eingeschlossen. Wie schwer es Menschen mit diesem Hintergrund fällt, einen akademischen Bildungsweg zu gehen, kann auf der Webseite www.arbeiterkinder.de nachgelesen werden. Anstatt diesen Zustand allerdings zu bejammern, stellt die Website hilfreiche Ratschläge und Informationen für Alle bereit, die es trotz "bildungsfernem" Hintergrund versuchen.

Anders als Politik und Wirtschaft behaupten, besteht in Deutschland noch kein wirkliches Interesse, alle Bürger bei der Aneignung von Bildung zu unterstützen. Tatsächlich wird für mehr Bildung als Voraussetzung für soziale Anerkennung und Wohlstand geworben, obwohl niemand mit Bildung alleine reich wird - wenn er's nicht schon vorher war. Da ist die Enttäuschung vorprogrammiert.

Bildung ist gerade keine Garantie für Reichtum, wohl aber Voraussetzung für ein eigenverantwortliches Leben in dieser Gesellschaft - nicht mehr und nicht weniger. Aber dieser Nutzen ist wohl zu wenig sexy, um in unserer "wie werde ich ganz schnell ein Star"-Gesellschaft vermittelbar zu sein.

Wo kämen wir denn hin, würde Bildung von der sozialen Zugehörigkeit und dem wirtschaftlichen Status entkoppelt. Da würde sich Bildung ja gar nicht mehr lohnen - und am Ende müssten auch die Gebildeten etwas ganz Reales leisten!

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