Physik der Freiheit

Aus Wiki1

Wechseln zu: Navigation, Suche

In der Physik arbeitet man mit Gleichungen, weil sie einen mathematischen Zugang zu den Phänomenen erlauben. Ob aber 2 physikalische Zusammenhänge tatsächlich gleich sind, ist nicht immer sofort erkennbar. Wie kann man z.B. ein Seil durch ein Labyrinth bewegen? Was das Kräftegleichgewicht angeht, sollte es gleichgültig sein, ob man das Seil durch das Labyrinth schiebt oder zieht. Tatsächlich macht es aber einen großen Unterschied. Es ist unmöglich, das Seil durch das Labyrinth zu schieben. Anscheinend spielt es eine große Rolle, wo die Kräfte am Seil angreifen.

Die Ursache liegt in der Eigenschaft des Seiles. Seine inneren Freiheitsgrade führen dazu, dass winzige Abweichungen von den notwendigen Kraftrichtungen im Seil beim Schieben zu einer Vergrößerung der Abweichungen führen. Das System wird instabil. Dagegen verringern sich diese Abweichungen beim Ziehen. Das System kehrt durch die äußeren Kräfte immer in einen stabilen Zustand zurück.

Vielleicht lassen sich diese Feststellungen auch auf Gesellschaften und Ökonomien übertragen. Wird ein System durch äußere Kräfte bedrängt, die zu inneren Veränderungen führen, durch die die Wirkung der äußeren Kräfte wiederum verstärkt wird, so kollabiert das System früher oder später. Führen die inneren Veränderungen dagegen zu einer Schwächung der Wirkung der äußeren Kräfte, stabilisiert sich das System. Wer eine Organisation, eine Gesellschaft oder eine Ökonomie in eine neue Richtung bewegen will, muss sie "ziehen", nicht "drücken".

Alternativ kann man das System "stabiler" machen - also die Freiheitsgrade einschränken - und so innerer Veränderungen verhindern. Im Falle des Seiles könnte man das Seil mit Kunstharz tränken - allerdings würde dann aus dem Seil eine Kunststoffstange, die nur noch eingeschränkt durch ein Labyrinth geschoben werden könnte. Im Falle einer Gesellschaft wäre es eine Diktatur. Wird jedoch ein solches "stabilisiertes" System zu sehr belastet, kollabiert es. Beispiele? Afghanistan, Syrien, Irak...

Ein Problem ergibt sich, wenn man ein unter Druck stehendes stabilisiertes System in ein sich selbst stabilisierendes System wandeln möchte (Diktatur zur Freiheit). Eigentlich geht dies nur ohne Schaden, wenn die äußeren Kräfte nachlassen bevor man vom "Drücken" zum "Ziehen" wechselt.

Aber auch das "Ziehen" hat einen Nachteil. Es muss jemanden oder etwas geben, das zieht. Hat sich dieses Etwas vertan und die falsche Richtung eingeschlagen, gibt es ein Problem. Die westlichen Industriegesellschaften haben stark gezogen und die Menschen sind ihnen gefolgt, dank unseres Eigennutz, unserer Bequemlichkeit und unseren inneren Begehrlichkeiten. Aber langsam dämmert manchen von uns, dass die Richtung nicht stimmt. Klimawandel, Ressourcenknappheit, Ungleichheit, Terrorismus sind Vorboten unangenehmer Zeiten. Es sieht so aus, als wären wir in einem toten Ast des Labyrinths gelandet. Die, die uns hier hereingezogen haben, sind am falschen Ende und rausdrücken geht nicht. Wer steht am anderen Ende des Seils und zieht uns wieder heraus?

In der Natur wird deshalb nicht gezogen und gedrückt. Dort "sucht" sich das Seil seinen Weg. Das Seil wird zum Wurm. Er kann sich in beide Richtungen gleichermaßen stabil bewegen und braucht keinen "Zieher" oder "Drücker". Wie müsste eine agile Gesellschaft aussehen, die solche "natürlichen" Eigenschaften hat?

Persönliche Werkzeuge