Komplexität

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Der Begriff "Komplexität" begegnet uns oft ohne das klar wird, was hinter diesem Begriff steht. Die Begriffe "Komplexität" und "Kompliziert" werden gerne miteinander vermengt - obwohl sie grundsätzlich unterschiedliche Qualitäten beschreiben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang Ashbys Law: http://de.wikipedia.org/wiki/Ashbysches_Gesetz

Danach kann ein System, dass ein komplexes System steuert, umso besser Störungen ausgleichen, je größer seine eigenen Handlungsmöglichkeiten sind. Oder allgemeiner: um ein komplexes System steuern zu können, muss man ein noch komplexeres System einsetzen - oder das zu steuernde System in seiner Komplexität reduzieren.

siehe auch

von Prof. Peter Kruse

Einen guten Überblick über Fragen zur Komplexität und dem respektvollen Umgang mit ihr, gibt auch der folgende Artikel von Frank Romeike und Herbert Saurugg auf http://www.risknet.de:

https://www.risknet.de/themen/risknews/komplex-oder-kompliziert-das-ist-die-frage/9a52977af81d35b99a1b53fa13fa945d/

Dort sind auch viele der Thesen, die die Autoren auf diesem Wiki vertreten, erläutert und begründet.

Kompliziertheit

(Hinweis: Die hier dargestellte Unterscheidung entspricht nicht gängigen wissenschaftlichen Definitionen, sondern meiner Alltagserfahrung. In der Wissenschaft werden Komplexität und Kompliziertheit nicht oder anders abgegrenzt. Ich halte aber die Alltagsefahrung als Ausgangspunkt für eine Erörterung für sinnvoller:

  • Eine Maschine ist kompliziert - man kann sie planen, bauen und sie funktioniert
  • ein Bakterium ist komplex - man kann es planen, bauen und es funktioniert vielleicht)


Kompliziertes unterscheidet sich von Einfachem eigentlich nur durch die Anzahl der beteiligten Komponenten und Wechselwirkungen. Die Wechselwirkungen und "Gesetzmäßigkeiten" sind immer streng kausal und als Ursache-Wirkungsketten darstellbar: Wenn ich dies tue, passiert das. Kompliziert wird es, wenn es viele solcher Ursache-Wirkungsketten gibt, die auf einander aufbauen. Ein Uhrwerk mag aus tausenden Teilen bestehen, verschiedenen Untersystemen und Schaltungsmöglichkeiten - trotzdem bleibt es durch seine mechanischen Wechselwirkungen definiert. Auch Computerprogramme sind schlimmstenfalls kompliziert - sie bestehen aber immer aus eindeutig beschriebenen Einzelschritten, die nach festgelegter Logik auf einander folgen. Dies erlaubt es, Technik vorauszuplanen. Da alle Wirkungsketten vor der Realisierung definiert werden, kann das Verhalten eines technischen Systems - egal ob einfach oder kompliziert - vorhergesagt werden.

Entscheidend ist dabei, dass die Ursache-Wirkungsketten nur in eine Richtung wirken und dass es keine Wechselwirkungen zwischen parallel ablaufenden Wirkungsketten gibt: Eine Wirkung folgt einer Ursache und wirkt nicht auf eine vorangegangene Ursache (Rekursivität) und parallele Wirkungsketten laufen voneinander unabhängig ab, d.h. es spielt keine Rolle ob sie mal schneller, mal langsamer ablaufen.

Komplexität

Das sich viele technische Systeme trotzdem nicht so verhalten, wie es seine Erbauer geplant haben, liegt an der verborgenen Komplexität der Wirklichkeit. Komplexität entsteht, wenn in einem System Ursache-Wirkungsketten vorhanden sind, bei denen eine Wirkung auf eine vorangegangene Ursache zurückwirkt (Rückkopplungen) oder wenn mehrere Ursachen zu einer Wirkung kummulieren und kleinste Unterschiede bei den Ursachen oder deren zeitlichen Verlauf große Wirkungen entfalten.

Diese verborgenen inneren Wechselwirkungen lassen sich nicht durch kausales Schließen aus den Einzelteilen und äußeren Wirkungsketten eines Systems bestimmen sondern erfordern die Beobachtung des Systems und seines Verhaltens. Möglicherweise lassen sich dann einzelne Rückkopplungen ebenfalls als Wirkungsketten darstellen und aus einem komplexen System wird ein kompliziertes. Häufig - besonders bei natürlichen Prozessen - ist die Zahl der Rückkopplungen und Wechselwirkungen in einem System aber so groß, dass sie sich jeder detaillierten kausalen Beschreibung entziehen. Komplexe Systeme können beobachtet und nachträglich analysiert werden - sie sind aber nie über längere Zeiträume vorhersagbar (z.B. Wetter, Börsenentwicklung, Leben).

Dann bleibt nur, die Dinge zu vereinfachen, anzunähern oder abzuschätzen. Dabei ist die Zuverlässigkeit von streng wissenschaftlichen Modellen oft nicht viel besser als das simple " Bauchgefühl", das sich auf Erfahrungen und angeborene instinktive Interpretationen stützt. Übrigens müssen komplexe Systeme nicht kompliziert sein. Dies zeigen Simulationsspiele wie Game of life oder die Laufmaschinen des Theo Jansen. Schon einfache Regeln erlauben komplexe Entwicklungen, die zwar irgendwie determiniert sind, sich aber aufgrund der Vielzahl von Einflüssen und Wechselwirkungen zwischen den Sytembestandteilen nicht mehr vorhersagen lassen.

Vom Komplizierten zum Komplexen

Die Erfahrung scheint übrigens zu zeigen, dass sich komplizierte technische Systeme geradezu zwangsläufig in komplexe Systeme verwandeln. Die Vielzahl von Wechselwirkungen zieht immer auch kleine versteckte Rückkopplungen nach sich, die von niemandem eingeplant wurden. Zum Beispiel beginnt eine Motorwelle zu schwingen, weil das Schmieröl bei einer bestimmten Drehzahl und Temperatur seine Schmiereigenschaften verändert, dadurch die Drehzahl beeinflusst und damit wiederum seine Schmiereigenschaften u.s.w.

Dies ist die Grundlage für Murphy's Gesetz.


siehe auch von Menschen und Ameisen

eine JavaScript-Version von "Game of life":http://www.schwalfenberg.com/Content/index.php?/archives/12-Game-of-Life-Spiel-des-Lebens.html

ein paar Simulationsspiele und Fragen zur "virtuellen Gesellschaft":http://www.kanitrino.de/inhaltDE.html

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