Evolution Kultur Technik
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(Anlass für diesen Artikel waren Überlegungen nach dem Dokumentarfilm "Die Neandertaler" im NDR am 9.12.2007)
Die Neandertaler, Dokumentation, Großbritannien, 2001, Autor:Tony Mitchell und Alex Graham google:Die Neandertaler
Wie Evolution, Kultur und Technik zusammenwirken
Nachdem wir heute dank vieler Funde, besseren Untersuchungsmethoden und einem immer detaillierteren Gesamtbild, mehr über die Entwicklung des Menschen wissen als je zuvor, zeigt sich immer deutlicher der komplexe Zusammenhang zwischen Evolution Kultur und Technik für die Entwicklung des Menschen.
Wir wissen heute, dass der moderne Mensch und der Neandertaler von gemeinsamen Ahnen abstammten, sich jedoch unter den verschiedenen Umweltbedingungen ganz unterschiedlich entwickelt haben.
Der Neandertaler musste sich in den unwirtlichen Gebieten des eiszeitlichen Europas behaupten. In diesen Regionen war ein Überleben nur mit hoher Energiezufuhr (ca. 4000-7000 kcal/Tag) möglich. Diese konnte nur mit dem Fleisch und Fett von Tieren gedeckt werden, zumal in den kalten, dunklen Regionen nur wenige essbare Pflanzen zur Verfügung standen. Neandertaler, dass zeigen die Untersuchungen an Höhlenfunden, lebten daher überwiegend von Fleisch. Damit war aber eine dichte Besiedlung unmöglich. Die möglichen Nahrungsressourcen boten hierfür keinen Spielraum. Dies wiederum schränkte die Möglichkeit ein, in großen Gruppen zusammen zu leben. Die Voraussetzung für die Entwicklung von komplexen sozialen Verhaltensmustern und für die Entwicklung von Kultur existierte für die Neandertaler nicht. Während der Zeit der Neandertaler (ca. 250.000 Jahren) lässt sich daher nur eine langsame kulturelle Entwicklung nachweisen.
Man geht heute davon aus, dass die Nutzung von Feuer und Fellkleidung, wie sie für die Neandertaler nachweisbar ist, schon bei den gemeinsamen Ahnen von Neandertaler und modernem Menschen existiert haben müssen. Auch die Anfänge der Sprache müssen sich schon bei diesen Ahnen herangebildet haben.
Im Gegensatz zum Neandertaler konnten die Menschen in den südlichen, vegetationsreichen Gebieten auf viele essbare Pflanzenarten zurückgreifen. Jared Diamond hat dies in seinem Buch "Reich und Arm" nachvollziehbar beschrieben. Unter diesen günstigen Umweltbedingungen brachte das Leben in großen Gruppen Vorteile. Das komplexe Zusammenleben förderte wiederum die Entwicklung eines komplexen Gehirns, das für die notwendigen sozialen Verhaltensweisen erforderlich war. Auch die Sprache konnte sich unter diesen Bedingungen enorm verfeinern. Eine verfeinerte Sprache erlaubt dann rückwirkend komplexere Formen der Zusammenarbeit. Dieses Zusammenspiel aus Umweltbedingungen, sozialen Strukturen und evolutionärer Anpassung war wahrscheinlich die Voraussetzung für die Entwicklung des modernen Menschen. Wie Lewis Mumford in seinem Buch Mythos der Maschine beschreibt, war die Entwicklung einer differenzierten Sprache ursächlich für die Entwicklung einer Kultur, die trotz ihrer Komplexität von Generation zu Generation weiter gegeben werden konnte. Erst unter dieser Voraussetzung war die Entwicklung von Werkzeugen möglich, die über einfache Faustkeile oder Reibhölzer für das Feuermachen hinaus gingen. Erst mit Hilfe der Sprache konnten Menschen gemeinsame Lösungen für Probleme entwickeln.
Die Neandertaler hatten aufgrund ihrer Lebensbedingungen nie die Chance, eine solche Entwicklungsstufe zu erreichen. Sie waren optimal an ihre Umwelt angepasst und überlebten dort 250.000 Jahre. Doch als der moderne Mensch mit seinen kulturellen und technischen Möglichkeiten in sein Leben einbrach, hatte er dem Nichts entgegen zu setzen.
Die Entwicklungslinien von Neandertaler und modernem Menschen zeigen, wie sehr Umwelt und soziale Lebensbedingungen die Evolution des Menschen beeinflusst haben und wie erst durch diese Evolution Kultur und Technik möglich wurden.